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MÖBELHAUS HOFLEHNER

In einer engen Gasse in der Altstadt von Steyr hat sich der Bauherr trotz aller Nachteile entschlossen das bestehende Möbelhaus umzubauen. In den ungenutzten Innenhof wurde eine Stahlkonstruktion gestellt, die den neuen und verbindenden Zentralraum des Möbelhauses bildet, die Mauern wurden geöffnet, vollkommen unterschiedliche Raumerlebnisse durch den alten Stahlbetonbau und dem transparenten zwei geschossigen Schauraum belebten die Verkaufsräume sehr wesentlich. Der Eingang wurde mit einer geschwungenen Glasfront mit Steinportal als eine großzügige Willkommensgeste gestaltet. Die Altstadt funktionierte hier plötzlich wieder als Einkaufsbereich, der Bauherr nutzte die räumlichen Gegebenheiten mit der großen Freitreppe innen vielfach auch für kulturelle Veranstaltungen.


Das Möbelhaus ist nach einem Konzert leider abgebrannt.



Ein neues Zelt im alten Haus
Das Wohnerlebnis beim Möbelkauf wird in Steyr nachvollzogen


Zu den einengenden räumlichen Bedingungen für einen größeren Betriebs- oder Geschäftsbau in Steyr gesellen sich wie in anderen durch historische Bausubstanz wertvollen Stadien, die einschränkenden Bestimmungen des Ortsbildschutzes.
Architektin Karin Proyer hat sich beim Umbau eines zentral gelegenen Möbelhauses jedoch von der Maxime leiten lassen, dass die Architekturgeschichte einer Stadt nicht willkürlich gestoppt oder durch historisierende Elemente jeder Zeitlichkeit beraubt werden soll, Daher hat sie kein introvertiertes Möbel-Schmuckkästchen mit verfremdeter Lichtsituation entworfen, sondern ein bestehendes Gebäude umgestaltet, das schon an der Fassade Gegenwärtigkeit verspricht.


 

 

Durch die zweiteilige Gliederung der Eingangsfront aus Pfeilerreihe und zurück-schwingender Glasfläche bestehend - entsteht ein halböffentlicher Raum, der die Schaulust animiert oder schlichten Wetterschutz bietet.
Im weiteren Verlauf des Hauses wird das Kontrastieren von verschiedenen Materialien zwischen Glas, Stein und Metall fortgesetzt, räumliche Gegensätze miteinander verwoben. Der zentrale zweigeschoßige Innenraum eröffnet die Erlebniswelt der Möbelausstellung.
Eine in die Mitte gestellte Stahlkonstruktion deutet das Vorläufige des Aufstellungsortes an. Sie bildet gleichsam das neue Zelt im alten Haus, wie es 0. M. Ungers beim Frankfurter Architekturmuseum vorexerziert hat, schützt aber gleichzeitig die Verkaufsobjekte vor dem Ausbleichen. Andere Raumsituationen, die anderen Wohnsituationen entsprechen können, ergeben sich durch die dem Innenhof angrenzenden Galerien und Nischen. Sie erhalten ihr Tageslicht über Glasbänder zwischen Stahlkonstruktion und Altbestand sodass beide unterschiedlichen Bauabschnitte klar definiert werden, ohne die Gesamtheit des Wohnerlebens zu stören.

Gert Waiden, Der Standard 1992